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Medizinisches Cannabis oder CBD bei Schlafstörungen (Insomnie)? Das sagen 4 klinische Studien

Inhaltsverzeichnis

    Was taugen medizinisches Cannabis und CBD bei Schlafstörungen? Eine neue systematische Übersichtsarbeit bringt Licht ins Dunkel. Wer schlecht schläft, probiert vieles. Von Melatonin über Baldrian bis hin zu schweren Geschützen wie Benzodiazepinen. Seit einiger Zeit steht auch medizinisches Cannabis auf der Liste möglicher Hilfen – doch wie belastbar ist die Studienlage?

    Genau das wollten Nora de Bode, Emese Kroon, Sharon Sznitman und Janna Cousijn klären. In ihrer am 29. März 2025 veröffentlichten systematischen Übersichtsarbeit mit dem Titel „The differential effects of medicinal cannabis on mental health: A systematic review“ (erschienen in Clinical Psychology Review) haben sie 49 klinische Studien untersucht – darunter vier, die sich gezielt mit medizinischem Cannabis bei bzw. CBD Schlafstörungen beschäftigen.

    Was die Studien konkret zeigen, wie viele Teilnehmer beteiligt waren und welche Nebenwirkungen gemeldet wurden – das klären wir im Folgenden.

    Wie schlägt sich medizinisches Cannabis im Schlaflabor? Ergebnisse aus der Studie zu Schlafstörungen von Walsh et al. (2021)

    Beginnen wir mit der randomisiert-kontrollierten Cross-Over-Studie von Walsh et al. (2021) aus Australien. Insgesamt 23 Erwachsene mit diagnostizierter Insomnie nahmen teil – alle litten seit mindestens drei Monaten an Ein- oder Durchschlafstörungen, definiert durch eine ISI-Punktzahl über 10 (Insomnia Severity Index).

    Behandelt wurde mit einem öligen Extrakt, der 10 mg/mL THC, 15 mg/mL CBD und 2 mg/mL Cannabinol (CBN) enthielt. Die Teilnehmenden erhielten diesen Extrakt über zwei Wochen, im Wechsel mit Placebo und jeweils einer einwöchigen Washout-Phase dazwischen. Ziel war es, sowohl subjektive als auch objektive Veränderungen der Schlafqualität zu erfassen – etwa per Polysomnografie (PSG) und Actigraphie, ergänzt durch Fragebögen.

    Die Ergebnisse fielen differenziert aus: Der Insomnia Severity Index war nach zwei Wochen in der aktiven Gruppe signifikant niedriger als unter Placebo. Wörtlich heißt es in der Studie:

    „ISI scores at the end of the active treatment were significantly lower than placebo.“

    Auch weitere subjektive Parameter verbesserten sich unter medizinischem Cannabis. Die Teilnehmer gaben an, schneller einzuschlafen (Sleep Onset Latency, SOL) und sich am Morgen erholter zu fühlen. Unterstützt wird das durch eine weitere Aussage:

    „SOL, TST, SQ, and feeling more refreshed when waking up improved in the active group.“

    Dabei steht TST für „Total Sleep Time“ und SQ für die subjektive Schlafqualität.

    Objektive Messungen mittels Polysomnografie blieben allerdings ohne statistisch signifikanten Unterschied – hier schnitt der aktive Extrakt nicht besser ab als das Placebo. Die Autoren halten fest:

    „PSG did not differ significantly between placebo and active treatment.“

    Was bedeutet das? Der THC/CBD/CBN-Extrakt war in der Lage, subjektive Verbesserungen des Schlafs hervorzurufen – messbar mit etablierten Skalen wie dem ISI. Für viele Betroffene dürfte das durchaus relevant sein, auch wenn die objektiven Schlafparameter im Labor keine Unterschiede aufzeigten.

    Nebenwirkungen? Insgesamt wurden 36 nicht-ernsthafte Nebenwirkungen während der aktiven Behandlungsphase dokumentiert – vermutlich im Zusammenhang mit dem Wirkstoff, so die Autoren. Im Placebo-Arm waren es lediglich vier. Schwere unerwünschte Ereignisse wurden nicht gemeldet.

    Fazit dieser Studie: Es gibt Hinweise darauf, dass medizinisches Cannabis mit THC und CBD bei Erwachsenen mit Insomnie zu einer subjektiv wahrgenommenen Verbesserung des Schlafs beitragen kann – insbesondere im Hinblick auf Einschlafzeit und Erholungsgefühl. Die objektiven Daten aus der Polysomnografie konnten diesen Eindruck jedoch nicht bestätigen.

    Damit ist klar: Wer über medizinisches Cannabis bei Insomnie spricht, sollte die subjektive Komponente nicht unterschätzen. Und er sollte sich die Mühe machen, genau hinzuschauen – so wie die Forschenden dieser Studie es getan haben.

    Was zeigt medizinisches Cannabis bei Insomnie im Alltag? Einblicke aus der Untersuchung von Ried et al. (2023)

    Weiter geht’s mit der Studie von Ried et al. (2023) aus Australien, die ebenfalls ein Cross-Over-Design verwendete. Diesmal mit 31 Teilnehmenden, alle diagnostiziert mit klinischer Insomnie – definiert durch einen ISI-Wert von über 14. Die Altersgruppe reichte von 25 bis 75 Jahren, der Frauenanteil lag bei 76 Prozent.

    Verabreicht wurde eine ölige Lösung mit 10 mg/mL THC und 15 mg/mL CBD, jeweils in Dosierungen zwischen 0,2 und 1,5 Milliliter pro Tag – also individuell angepasst. Auch hier stand der Vergleich mit einem Placebo im Mittelpunkt, mit Messpunkten zu Beginn und Ende jeder zweiwöchigen Behandlungsphase. Erfasst wurden sowohl Melatoninwerte als auch verschiedene Parameter des Schlafverhaltens, etwa per Fitnesstracker, Schläfrigkeitsskala und Schlaftagebuch.

    Klar messbar war die Veränderung der nächtlichen Melatoninproduktion. In der aktiven Gruppe stiegen die Werte um 30 Prozent, während sie unter Placebo um 20 Prozent sanken. Die Autoren halten fest:

    „Melatonin levels increased by 30 % in the active group but decreased by 20 % in placebo during treatment.“

    Ein plausibles Signal – immerhin ist Melatonin das körpereigene Hormon, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert.

    Auch die Insomnie-Schwerewerte fielen unter der aktiven Behandlung stärker als im Placebo-Vergleich. Subjektiv besserte sich zudem die Dauer des Leichtschlafs: In der aktiven Gruppe verlängerte sich diese Phase um rund 21 Minuten gegenüber dem Ausgangswert – unter Placebo waren es gerade einmal 0,2 Minuten. Auch das ist dokumentiert:

    „Total and light sleep improved in the active group versus baseline and placebo.“

    Wichtig: Die Schlafqualität und das allgemeine Befinden verbesserten sich zwar in beiden Gruppen – ein Effekt, der durchaus dem Studiendesign geschuldet sein kann. Trotzdem zeigt sich, dass die Gruppe mit medizinischem Cannabis hier überdurchschnittlich profitierte. „Profitieren“ im Sinne der berichteten, messbaren Unterschiede – ohne diese überzubewerten.

    Nebenwirkungen? 24 Personen berichteten über leichte Nebenwirkungen unter THC/CBD, darunter unter anderem Mundtrockenheit, Schwindel oder Konzentrationsprobleme. Zwei Personen verzeichneten laut den Autoren „more serious AEs“, ohne dass diese näher spezifiziert wurden. Im Placebo-Arm wurden 10 leichte Nebenwirkungen dokumentiert.

    Pro und Kontra von medizinischem Cannabis bei Schlafstoerungen.
    Vor- und Nachteile aus den beiden Studien zu medizinischem Cannabis bei Schlafstörungen.

    Was bleibt? Diese Untersuchung deutet darauf hin, dass medizinisches Cannabis mit THC und CBD im Rahmen kontrollierter Bedingungen und individuell abgestimmter Dosierung mit bestimmten messbaren Schlafparametern zusammenfällt – darunter Melatoninwerte und selbstberichteter Leichtschlaf. Ob und wie stark sich das im Alltag langfristig auswirkt, klärt diese Studie nicht. Sie liefert aber einen weiteren Datenpunkt – nüchtern betrachtet, mit klarer Aussage.

    Kann isoliertes CBD das Einschlafen erleichtern? Analyse der randomisierten Studie von Narayan et al. (2024)

    Die nächste Untersuchung stammt von Narayan et al. (2024) – einer randomisiert-kontrollierten Doppelblindstudie mit 30 Erwachsenen zwischen 18 und 45 Jahren, alle mit moderat bis schwer ausgeprägter Insomnie. Der Insomnia Severity Index (ISI) der Teilnehmenden lag zu Beginn bei über 15, ein klarer Marker für klinisch relevante Schlafprobleme.

    Nach einer einwöchigen Placebo-Lead-in-Phase erhielten die Probanden zwei Wochen lang täglich 150 mg CBD oder Placebo, begleitet von kontinuierlichen Erhebungen mittels Schlafprotokollen, Aktigraphie und standardisierter Fragebögen wie dem Leeds Sleep Evaluation Questionnaire und dem State-Trait Anxiety Index.

    Die eingesetzte Dosis entspricht einer höheren Menge reinen Cannabidiols, wie es auch in hochwertigem CBD-Öl enthalten sein kann – allerdings ohne THC und im Rahmen eines streng kontrollierten Studiendesigns. In etwa 11 Tropfen pro Tag wären notwendig, um mit einem 35 %igen CBD Öl auf die besagten 150 mg CBD pro Tag zu  kommen.

    Das zentrale Ergebnis:

    „No group or time effect on ISI scores, sleep diary WASO, SOL and SE.“

    Übersetzt heißt das: Weder die Schlafqualität (ISI), noch objektive Kennzahlen wie die Einschlaflatenz (SOL), die nächtlichen Wachphasen nach dem Einschlafen (WASO) oder die sogenannte Schlafeffizienz (SE) unterschieden sich signifikant zwischen den Gruppen.

    Allerdings fällt ein Satz in der Studie ins Auge:

    „Well-being improved in CBD versus placebo up until the end of the study.“

    Das allgemeine Wohlbefinden, gemessen mit dem WHO-5 Index, stieg in der CBD-Gruppe – zumindest bis zum Studienende – stärker an als im Placebo-Arm. Was das genau heißt? Kein Quantensprung, aber ein statistisch erfassbarer Unterschied beim subjektiven Empfinden der Lebensqualität.

    Interessant ist auch die zeitliche Dynamik: Einige Parameter wie die Anzahl nächtlicher Aufwachphasen oder das Gefühl von morgendlicher Frische besserten sich während der Studiendauer in der CBD-Gruppe, allerdings ohne dass dieser Effekt bis zum Ende anhielt. Die Autoren schreiben:

    „The self-reported number of awakenings after sleep onset, WASO, SE, and LSEQ wakefulness subscale improved during the study in CBD, but not at the end of the study.“

    Ein durchgehender Effekt? Nein. Ein temporäres Signal? Möglich. Fassen wir zusammen: Die Studie von Narayan et al. dokumentiert keine anhaltenden Unterschiede in den zentralen Schlafparametern zwischen CBD und Placebo. Sie liefert jedoch Hinweise darauf, dass das subjektive Wohlbefinden während der Einnahme in der CBD-Gruppe zunahm – ohne klare Rückschlüsse auf die Schlafqualität im engeren Sinne zuzulassen.

    Was bringt CBD über zwölf Wochen hinweg? Ergebnisse aus der Studie von Aiewtrakoon et al. (2024)

    Die Studie von Aiewtrakoon et al. (2024) erweitert das Bild. Untersucht wurden 45 Erwachsene mit chronischer Insomnie, die nach DSM-5 diagnostiziert war – also mindestens drei Nächte pro Woche über mehr als drei Monate hinweg deutlich beeinträchtigter Schlaf. Der Insomnia Severity Index (ISI) lag bei allen Teilnehmenden über 15 Punkten, was für eine moderate bis schwere Ausprägung spricht.

    Die Studie folgte einem Cross-over-Design: Zwei Wochen lang erhielten die Teilnehmenden entweder lösliches CBD in einer Dosierung von 1 mg pro Kilogramm Körpergewicht zweimal täglich oder ein Placebo – getrennt durch eine zweiwöchige Auswaschphase. Anschließend folgte eine zwölfwöchige Phase mit CBD.

    Die Ergebnisse? Auffällig konkret. Laut Autoren zeigte sich im direkten Vergleich zu Placebo eine Verbesserung mehrerer zentraler Schlafparameter:
    „CBD showed longer sleep duration, fewer awakenings, less WASO, improved quality of life, overall sleep quality, daytime wakefulness, and better SOL.“

    Anders gesagt: Die Einschlafzeit (SOL), die Häufigkeit des nächtlichen Erwachens (Awakenings), die Zeit, die nach dem Einschlafen wach verbracht wird (WASO), die Gesamtschlafdauer und das subjektive Erleben von Schlafqualität sowie Tagesmüdigkeit verbesserten sich – in der CBD-Gruppe, nicht im Placebo-Arm.

    Natürlich: Auch hier ist Vorsicht geboten. Die Studie nennt keine Effektstärken und verzichtet auf eine exakte Aufschlüsselung der Veränderung in Minuten oder Prozentpunkten. Dennoch lässt sich festhalten: Die Autoren registrierten im Vergleich zur Placebogruppe „improved overall sleep quality“ sowie eine messbare Verbesserung der Lebensqualität, dokumentiert mit dem standardisierten EQ-5D-5L-Fragebogen.

    Nebenwirkungen wurden ebenfalls gemeldet – zehn in der CBD-Gruppe, davon zwei so schwerwiegend, dass die Teilnehmenden aus der Studie ausschieden. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, der die Einschätzung des Sicherheitsprofils differenziert.

    Zwei Studienergebnisse zu CBD bei Schlafstörungen im Vergleich.
    Zwei Studienergebnisse zu CBD bei Schlafstörungen im Vergleich.

    Klar ist: Die Studie von Aiewtrakoon et al. liefert Hinweise auf Verbesserungen in zentralen Parametern bei chronischer Insomnie – im Rahmen eines eng kontrollierten Studiendesigns und über mehrere Wochen hinweg dokumentiert. Aussagekräftig, aber in ihrer Generalisierbarkeit begrenzt. Auch hier gilt: Was im Labor passiert, muss sich außerhalb erst noch beweisen.

    Quellenangabe

    Link zur Studie „The differential effects of medicinal cannabis on mental health: A systematic review“ (Nora de Bode et al., 2025)

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