CBD bei Entzündungen.

Wie CBD bei Entzündungen wirkt – laut einer neuen Studie aus Jena

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CBD und Entzündungen – ein Thema, das Wellen schlägt. Die einen schwören auf die beruhigende Kraft aus der Hanfpflanze, die anderen fordern mehr wissenschaftliche Substanz. Genau die liefert jetzt eine bemerkenswerte Studie unter der Leitung von Forschern der Universität Jena, veröffentlicht am 21. Dezember 2023 in Cell Chemical Biology (Band 30, Ausgabe 12). Der Titel: „Cannabidiol acts as molecular switch in innate immune cells to promote the biosynthesis of inflammation-resolving lipid mediators“.

Was nach sperriger Fachsprache klingt, entpuppt sich beim genauen Hinsehen als präzise formulierte Erkenntnis: CBD verändert gezielt das chemische Gleichgewicht in Immunzellen – weg von Entzündung, hin zur Auflösung selbiger. Und das über exakt vermessene molekulare Mechanismen, die die Forschung bislang so nicht auf dem Radar hatte.

CBD bei Entzündungen.

Im Zentrum der Untersuchung stehen sogenannte Lipidmediatoren – körpereigene Botenstoffe, die Entzündungen entweder anheizen oder bremsen. Die Studie analysiert, wie acht verschiedene Cannabinoide, darunter CBD, Δ9-THC, CBG und CBN, auf diese Mediatoren wirken. Das Ergebnis: CBD war unter allen getesteten Substanzen der mit Abstand wirksamste Regulator.

CBD bringt die Entzündung zum „Umdenken“

Im Immunsystem geht es selten um alles oder nichts. Es geht um Balance. Wird diese gestört, bleiben Entzündungen nicht selten chronisch – mit Folgen, die weit über eine akute Immunantwort hinausreichen. Die Studie aus Jena zeigt, wie Cannabidiol gezielt die Produktion von Lipidmediatoren umstellt, also von jenen Substanzen, die Entzündungen entweder antreiben oder auflösen.

Die Daten sprechen eine deutliche Sprache. In M2-Makrophagen – einer Zellform, die natürlicherweise zur Auflösung von Entzündungen beiträgt – stieg die Konzentration des Signalstoffs Resolvin D5 (RvD5) nach Zugabe von CBD von 6,5 auf 427 Pikogramm pro zwei Millionen Zellen. Das entspricht einem Anstieg um das 66-Fache:

„CBD increased RvD5 from 6.5 ± 1.1 to 427 ± 210 pg in M2-MDM […] corresponding to a 66-fold increase.“

RvD5 gehört zu den Molekülen, die Entzündungen nicht nur bremsen, sondern beenden können. Wenn CBD diesen Signalstoff um das 66-Fache steigert, heißt das nicht weniger, als dass die Zelle in eine völlig andere Betriebsart schaltet – weg von Alarmbereitschaft, hin zur Reparatur. Und RvD5 ist kein Einzelfall. Auch andere sogenannte Specialized Pro-Resolving Mediators (SPMs) legten deutlich zu. Zum Beispiel:

  • Protectin DX (PDX): von nicht nachweisbar auf 9,3 ± 4,1 pg
  • Maresin 1 (MaR1): ebenfalls messbar erhöht

Das ist relevant, weil diese SPMs an Gewebeheilung, Immunregulation und Rückkehr zur Homöostase beteiligt sind – also an der biologischen Entzündungs­auflösung, nicht bloß an der Symptombekämpfung.

CBD stoppt Entzündungstreiber im Kern

Wer Entzündungen beenden will, darf nicht nur die Aufräumtrupps stärken – er muss auch den Brandherd kontrollieren. Die Studie zeigt, dass CBD genau diesen doppelten Effekt erfüllt: Während es die Bildung entzündungs­auflösender Mediatoren massiv ankurbelt, senkt es gleichzeitig die Produktion klassischer Entzündungsverstärker. Und zwar messbar.

Im Fokus steht hier das Molekül Leukotrien B4 (LTB4). Es gehört zu den pro-inflammatorischen Lipidmediatoren, die Immunzellen zur Stelle rufen und Entzündungen am Laufen halten. In der untersuchten Zellkultur mit M2-Makrophagen senkte CBD die LTB4-Konzentration auf 20 ± 1,3 Pikogramm. Zum Vergleich: In der Kontrollgruppe lag der Wert bei 276 ± 69 pg – also mehr als 13-mal so hoch.

„All cannabinoids, except CBDV, suppressed SACM-induced LTB4 formation in M2-MDM […] CBD showed the strongest effect.“

LTB4 ist kein Mitläufer – es ist ein zentraler Brandbeschleuniger im Entzündungsgeschehen. Dass CBD hier stärker bremst als alle anderen getesteten Cannabinoide, ist mehr als ein Randbefund. Es zeigt: CBD kann gezielt die Ausschüttung eines der aggressivsten Entzündungsmediatoren dämpfen, ohne dabei das gesamte Immunsystem lahmzulegen.

CBD beeinflusst damit nicht nur das Verhältnis zwischen pro- und antiinflammatorischen Mediatoren – es verändert die Spielregeln der Entzündungsantwort selbst. Während andere Cannabinoide bestenfalls bremsen, stellt CBD aktiv um.

CBD aktiviert das Enzym 15-LOX-1, das für die Auflösung von Entzündungen wichtig ist

Manche Wirkstoffe beeinflussen zelluläre Abläufe, andere dirigieren sie. Cannabidiol gehört in dieser Studie klar zur zweiten Kategorie. Die Forscher konnten zeigen, dass CBD das Enzym 15-Lipoxygenase-1 (15-LOX-1) gezielt und direkt aktiviert. Und zwar nicht über den üblichen Weg, also nicht über Rezeptoren auf der Zelloberfläche, wie das viele andere Stoffe tun. Sondern CBD wirkt direkt am Enzym selbst – und dort an einer speziellen Stelle, die man „allosterische Bindungsstelle“ nennt. Das bedeutet: CBD bindet nicht dort, wo die Enzymreaktion stattfindet, sondern an einer regulierenden Stelle, die die Aktivität des Enzyms steuert.

In HEK293-Zellen, die menschliches 15-LOX-1 produzieren, ließ sich dieser Effekt eindrucksvoll belegen. Der SPM-Vorläufer 17-HDHA vervielfachte sich um das 31-Fache. Auch 15-HEPE und 14-HDHA, ebenfalls Vorstufen entzündungs­auflösender Mediatoren, zeigten einen rund zwölfmal höheren Wert als in der Kontrollgruppe. Kein statistischer Zufall, sondern eine präzise molekulare Reaktion.

„In HEK293 cells expressing 15-LOX-1, CBD increased 17-HDHA formation by 31-fold, and 15-HEPE and 14-HDHA by about 12-fold.“

Das ist keine zufällige Stoffwechselreaktion – das ist gezielte Enzymsteuerung. Wenn CBD innerhalb kurzer Zeit die Produktion dieser drei Vorstufen entzündungs­auflösender Mediatoren derart hochfährt, dann zeigt das: Hier greift ein Wirkstoff direkt in die Steuerzentrale des Entzündungsgeschehens ein. Und zwar nicht irgendwie, sondern präzise über das Enzym 15-LOX-1, das in Immunzellen als Katalysator für Auflösung gilt. Solche Effekte sieht man nicht oft – und schon gar nicht in dieser Deutlichkeit.

Was diesen Befund besonders macht: Andere Cannabinoide wie Δ9-THC oder Cannabigerol zeigten diese Aktivierung nicht.  Und dieser Umschalter verändert das Geschehen auf enzymatischer Ebene dort, wo der Übergang von Entzündung zu Auflösung beginnt.

CBD versorgt das Enzym, das Entzündungen beendet

Ein Enzym wie 15-LOX-1 kann nur arbeiten, wenn die richtigen Substrate verfügbar sind. Was auf biochemischer Ebene trivial klingt, ist für die Wirkung von CBD zentral. Denn die Studie zeigt nicht nur, dass Cannabidiol das Enzym aktiviert – es sorgt auch dafür, dass überhaupt genügend Ausgangsstoffe bereitgestellt werden, um entzündungs­auflösende Mediatoren in nennenswertem Maßstab zu produzieren.

Die Rede ist von mehrfach ungesättigten Fettsäuren: Arachidonsäure (AA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Diese Fettsäuren werden normalerweise durch das Enzym cPLA2 (zytosolische Phospholipase A2) aus Zellmembranen freigesetzt. Genau hier setzt CBD an – und liefert ab.

Nach Zugabe von 10 Mikromol CBD stieg die Menge an freigesetzter Arachidonsäure von 26 auf 1.410 Nanogramm pro zwei Millionen Zellen. EPA stieg von 3 auf 226 Nanogramm, DHA von 12 auf 163. Die Autoren belegen diese Zahlen präzise – und sie sprechen eine deutliche Sprache.

In M2-Makrophagen stieg die Menge freigesetzter Fettsäuren nach Zugabe von 10 µM CBD deutlich an:

  • Arachidonsäure (AA) von 26 ng auf 1410 ng
  • Eicosapentaensäure (EPA) von 3 ng auf 226 ng
  • Docosahexaensäure (DHA) von 12 ng auf 163 ng.
    (siehe Tabelle 2 in der unten verlinkten Studie)

Was CBD hier leistet, ist die gezielte Bereitstellung der Bausteine, aus denen der Körper entzündungsregulierende Mediatoren herstellt. Die Freisetzung dieser mehrfach ungesättigten Fettsäuren schießt nach CBD-Zugabe regelrecht durch die Decke.

Damit liefert CBD nicht nur den molekularen Anstoß – es schafft auch die Voraussetzungen, damit 15-LOX-1 überhaupt produktiv werden kann. Ein doppelter Effekt: Substratbereitstellung und Enzymaktivierung in einem Schritt. Das Resultat ist eine gezielte Verschiebung der Lipidmediator-Balance hin zu jenen Stoffen, die für Auflösung statt Eskalation stehen.

Aus dem Reagenzglas in den Körper: CBD wirkt auch in vivo

Was sich in der Zellkultur zeigt, muss sich im Organismus erst bewähren. Die Forscher wollten wissen, ob der beobachtete Effekt von CBD auch im komplexen Zusammenspiel eines lebenden Organismus nachweisbar ist. Dazu griffen sie auf ein bewährtes Modell zurück: die zymosan-induzierte Peritonitis bei Mäusen. Eine gezielt ausgelöste Entzündung in der Bauchhöhle, bei der sich sehr genau messen lässt, wie der Körper reagiert.

Die Versuchsanordnung war klar: Die Tiere erhielten vor der Zymosan-Injektion eine Dosis CBD oder zum Vergleich Indomethacin, einen klassischen Entzündungshemmer aus der Gruppe der NSAIDs. Vier Stunden später wurde das Bauchhöhlenexsudat analysiert. Das Ergebnis: CBD veränderte die Lipidmediatoren-Landschaft deutlich – zugunsten von entzündungs­auflösenden Signalstoffen.

So stieg der Gehalt an Protectin D1 (PD1), Maresin 1 (MaR1), Resolvin D5 (RvD5) und Protectin DX (PDX) signifikant an. Gleichzeitig gingen die Werte entzündungsfördernder Mediatoren zurück – darunter Prostaglandine und Leukotriene. Indomethacin hingegen senkte zwar die Zellinfiltration und unterdrückte Prostaglandine wie erwartet, steigerte jedoch nicht die Bildung von SPMs.

„CBD increased SPM and 12/15-LOX products and suppressed pro-inflammatory eicosanoid levels in vivo.“

Hierbei geht es um nachgewiesene Effekte im lebenden Organismus. CBD verändert die biochemische Landschaft in einem entzündeten Körper – messbar, selektiv, ohne das gesamte Immunsystem auszuschalten. Es fördert die Produktion körpereigener Entzündungs­auflöser und reduziert zugleich jene Signalstoffe, die Entzündung aufrechterhalten. Und das in einem gut etablierten Tiermodell.

Das ist ein wichtiger Unterschied: Während NSAIDs auf Unterdrückung setzen, ermöglicht CBD die aktive Auflösung der Entzündung – zumindest in diesem Versuchsmodell. Die Daten belegen damit, dass die molekulare Wirkung, die man in menschlichen Immunzellen beobachtet hat, auch unter physiologischen Bedingungen funktioniert.

Wirkung ohne Umweg: CBD braucht weder Rezeptor noch Kalziumschub

Wenn ein Wirkstoff wirkt, stellt sich zwangsläufig die Frage: Wie genau? In der Forschung ist der Mechanismus oft entscheidender als der Effekt. Und genau deshalb haben die Autoren der Studie nicht nur gemessen, dass CBD die Entzündungs­auflösung fördert, sondern auch untersucht, wie es das tut. Die Antwort überrascht – und macht die Substanz umso interessanter.

Denn CBD braucht keinen klassischen Signalweg, um 15-LOX-1 zu aktivieren. Weder die bekannten Cannabinoid-Rezeptoren wie CB2 noch ein Anstieg des intrazellulären Kalziums, wie man ihn sonst bei Enzymaktivierungen häufig beobachtet, sind erforderlich.

“After Ca²⁺ depletion of M2-MDM, both CBD-induced 15-LOX-1 translocation and 15-LOX product formation were still evident, although a tendency for lower 15-LOX product levels was obvious.”

In Immunzellen ist normalerweise Calcium ein wichtiger Auslöser, damit bestimmte Enzyme aktiviert werden. Deshalb haben die Forschenden getestet, ob CBD auch dann noch wirkt, wenn man der Zelle das Calcium entzieht – also einen der üblichen „Startknöpfe“ ausschaltet.

Das Ergebnis: CBD hat trotzdem gewirkt. Die Zellen haben weiterhin das Enzym 15-LOX-1 aktiviert und entzündungs­auflösende Stoffe produziert – wenn auch etwas weniger als mit Calcium. Das zeigt: CBD nutzt offenbar einen eigenen Weg, um das Enzym in Gang zu setzen – unabhängig vom klassischen Calcium-Signalweg.

Mit anderen Worten: CBD umgeht die üblichen molekularen Schalter. Es dockt direkt dort an, wo es gebraucht wird – am Enzym selbst. Und es bewirkt dessen Aktivierung unabhängig von den typischen Reiz-Reaktionsketten. Für die Forschung bedeutet das: CBD wirkt robuster, zielgerichteter und jenseits klassischer Regulationsmechanismen.

Und für die klinische Perspektive? Es zeigt, dass Cannabidiol nicht erst auf eine aktivierte Entzündung angewiesen ist, um regulierend einzugreifen. Es kann – zumindest in vitro und im Mausmodell – proaktiv Einfluss auf das entzündungs­auflösende System nehmen.

Fazit: CBD als molekularer Schalter bei Entzündungen

Diese Studie liefert keine vagen Andeutungen, sondern präzise Daten. Und sie liefert sie dort, wo es zählt: in menschlichen Immunzellen – ergänzt durch Bestätigung im lebenden Organismus. Was sie zeigt, ist kein therapeutisches Heilsversprechen, sondern ein mechanistisch erklärbarer, reproduzierbarer Effekt von CBD auf die Entzündungsregulation.

CBD wirkt in dieser Untersuchung nicht als bloßer Dämpfer, sondern als aktiver Gestalter des immunologischen Gleichgewichts. Es aktiviert das Enzym 15-LOX-1 direkt, fördert die Freisetzung von Fettsäuren wie DHA, EPA und AA, und verschiebt die Produktion von Lipidmediatoren weg von entzündungsfördernden Leukotrienen hin zu auflösenden Mediatoren wie RvD5, MaR1 und PDX. Und all das geschieht unabhängig von klassischen Rezeptoren oder Signalwegen.

„Our results reveal CBD as an allosteric switch that directly activates 15-lipoxygenase-1 for SPM production […] and represents a molecular strategy to accomplish a local environment that is beneficial to promote inflammation resolution.”

Die Autoren sprechen von einem „molekularen Schalter“. Ein Bild, das in seiner Einfachheit genau trifft, worum es geht. CBD betätigt diesen Schalter gezielt, messbar, nachvollziehbar. Und eröffnet damit neue Perspektiven für das Verständnis seiner Rolle im Kontext von Entzündungsprozessen.

Wer über CBD bei Entzündungen spricht, sollte diese Studie kennen. Sie ersetzt keine klinische Anwendung, aber sie legt ein wissenschaftliches Fundament. Und sie macht deutlich, dass Entzündungshemmung mehr sein kann als Symptombekämpfung – nämlich aktive Auflösung durch biologische Prozesse, die der Körper kennt, aber oft nicht aktiviert.

Hinweis: Dieser Artikel stellt keine medizinische Beratung dar. Die beschriebenen Ergebnisse beziehen sich auf präklinische und in-vitro-Untersuchungen und lassen keine Rückschlüsse auf eine therapeutische Wirkung beim Menschen zu. Bei gesundheitlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.

Quellenangaben

Link zur Studie „Cannabidiol acts as molecular switch in innate
immune cells to promote the biosynthesis of
inflammation-resolving lipid mediators“ (PDF-Datei)

Bericht auf Netdoktor zur Studie

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