Neue Studie enthüllt: Darum könnte CBD gegen Angst und Depression helfen
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Polnische Forscher zeigen erstmals das komplexe Zusammenspiel zwischen körpereigenen Cannabinoiden und Stresshormonen, mit wegweisenden Erkenntnissen für die Behandlung psychischer Erkrankungen.
Die Studie im Überblick
Ein Forschungsteam um Miłosz Gołyszny, Jonasz Dragon und Ewa Obuchowicz hat in einer umfassenden Review-Studie untersucht, wie das körpereigene Cannabinoid-System (Endocannabinoid-System) mit Neuropeptiden – also Botenstoffen im Gehirn – zusammenarbeitet. Die Arbeit mit dem Titel "Role of interplay between endocannabinoids and neuropeptides in pathogenesis and therapy of depressive and anxiety disorders" wurde 2025 im Fachjournal Neuropeptides veröffentlicht (DOI: 10.1016/j.npep.2025.102564).
Weltweit gehen rund sieben Prozent aller Krankheiten auf psychische Störungen zurück. Psychische Erkrankungen sind für fast ein Fünftel der Lebensjahre verantwortlich, in denen Menschen durch gesundheitliche Einschränkungen in ihrem Alltag beeinträchtigt sind.
Das Problem: Zu wenig körpereigene Cannabinoide bei Depression

Eine der zentralen Entdeckungen der Forscher: Bei Frauen mit schwerer Depression (Major Depression) wurden deutlich niedrigere Spiegel der beiden wichtigsten Endocannabinoide gemessen – sowohl von 2-AG als auch von Anandamid (AEA).
Was sind Endocannabinoide? Das sind Cannabis-ähnliche Substanzen, die unser Körper selbst produziert. Sie docken an dieselben Rezeptoren (Andockstellen) an wie die Wirkstoffe aus der Hanfpflanze – vor allem an die sogenannten CB1- und CB2-Rezeptoren.
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Die Wissenschaftler fassen zusammen:
The ECS has been recognized as a modulatory system of the stress response, and thus as an element of the mental pathological processes.
Auf gut Deutsch: Das Endocannabinoid-System steuert, wie der Körper auf Stress reagiert und ist damit eng in die Entwicklung psychischer Erkrankungen eingebunden.
Die Entdeckung: Cannabinoide und Stresshormone arbeiten Hand in Hand
Der entscheidende Durchbruch dieser Studie liegt in der Erkenntnis, dass Endocannabinoide nicht isoliert wirken, sondern eng mit anderen Botenstoffsystemen verzahnt sind. Die Autoren schreiben:
A growing body of evidence suggests the existence of a neurochemical and functional interplay between endocannabinoids and neuropeptides, which are both relevant for the pathomechanism and effects of pharmacotherapy in depressive and anxiety disorders.
Heisst auf Deutsch: Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Endocannabinoide und Neuropeptide in einem engen chemischen Zusammenspiel stehen. Dieses Zusammenspiel ist sowohl für die Entstehung von Depressionen und Angststörungen als auch für die Wirkung von Medikamenten entscheidend.
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Was bedeutet das konkret?
Die Forscher haben herausgefunden, dass vor allem im Hypothalamus – einer Hirnregion, die als Steuerzentrale für Hormone und Emotionen fungiert – eine bidirektionale (zweiseitige) Kommunikation zwischen Endocannabinoiden und Neuropeptiden stattfindet.
Zu diesen Neuropeptiden gehören:
- CRH/CRF (Corticotropin-Releasing-Hormon): Das "Stresshormon-Startsignal"
- Oxytocin: Das "Kuschelhormon" für soziale Bindungen
- NPY (Neuropeptid Y): Reguliert unter anderem Appetit und Angst
- Orexine: Steuern Wachheit und Appetit
- Nesfatin-1 und Neuropeptid S: Weniger bekannte, aber wichtige Mitspieler
Wie CBD gegen Angst und Depression wirken könnte
Die präklinischen Studien (also Tier- und Laborversuche), die in dieser Review ausgewertet wurden, zeigen beeindruckende Effekte von CBD:
"CBD successfully alleviated despair-like and anxiety-like behaviors; raised the serotonin (5-HT) and noradrenaline (NA) levels in the hippocampus; and increased the amygdalar, hippocampal, and medial prefrontal cortex (mPFC) levels of the brain-derived neurotrophic factor (BDNF)"
CBD konnte also in Tierversuchen:
- Verzweiflungs- und angstähnliches Verhalten lindern
- Serotonin und Noradrenalin im Hippocampus erhöhen (der Hippocampus ist die Gedächtniszentrale, diese beiden Botenstoffe sind für gute Stimmung wichtig)
- BDNF in mehreren Hirnregionen erhöhen (das ist ein Wachstumsfaktor für Nervenzellen – mehr BDNF bedeutet besseren Schutz und Erholung der Nervenzellen)
Der Stress-Teufelskreis: So entsteht Depression
Die Forscher beschreiben einen faszinierenden Mechanismus, wie Stress zu Depression führen kann:
- Akuter/chronischer Stress senkt die Anandamid-Spiegel (eines der Haupt-Endocannabinoide)
- Ein Enzym namens FAAH baut vermehrt Anandamid ab
- Dadurch wird die HPA-Achse aktiviert (die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse – unsere körpereigene "Stressachse")
- Das Stresshormon Cortisol steigt
- Das löst Angst und depressive Symptome aus
Die Studie zeigt:
"In women with major depression, lower circulating levels of both 2-AG and AEA were detected."
Die gute Nachricht: Das zweite wichtige Endocannabinoid (2-AG) steigt später wieder an und beendet die Stressantwort. Das ist der natürliche Beruhigungsmechanismus des Körpers.
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Konkrete Zahlen: Wo im Gehirn wirken Cannabinoide?
Die Studie liefert auch präzise anatomische Details:
- Etwa 66 Prozent der CB1-Rezeptoren (Cannabis-Andockstellen) in der Gehirnregion Locus coeruleus befinden sich in den Zellkörpern
- Rund 20 Prozent der Serotonin-produzierenden Nervenzellen tragen CB1-Rezeptoren
- CB1-Rezeptoren finden sich besonders dicht im Riechkolben, Hippocampus, Basalganglien und Kleinhirn, aber auch in Großhirnrinde, Amygdala, Hypothalamus und Hirnstamm
Warum ist das wichtig? Diese Regionen sind genau die Bereiche, die bei Depression und Angststörungen gestört sind:
- Hippocampus: Gedächtnis und Stimmung
- Amygdala: Angst und emotionale Bewertung
- Präfrontaler Cortex: Planung und Emotionsregulation
- Hypothalamus: Hormonsteuerung und Stressachse
Appetit, Schmerz und Schlaf: Weitere therapeutische Ansätze
Die Forscher zeigen, dass die Interaktion zwischen Endocannabinoiden und Neuropeptiden auch für typische Begleitsymptome von Depression relevant ist:
Appetitregulation: NPY, Orexine und andere Neuropeptide steuern zusammen mit dem Endocannabinoid-System den Appetit. Das erklärt, warum depressive Menschen oft unter Appetitlosigkeit oder Heißhunger leiden – und warum CBD hier modulierend wirken könnte.
Schmerzwahrnehmung: Das Neuropeptid NPS und Endocannabinoide regulieren beide die Schmerzverarbeitung. Depression geht oft mit chronischen Schmerzen einher – auch hier könnte das Zusammenspiel therapeutisch genutzt werden.
Schlaf-Wach-Rhythmus: Cannabinoide und Neuropeptide wie Orexine steuern gemeinsam den Schlaf – ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt, da Schlafstörungen zu den Kernsymptomen der Depression gehören.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die Studie betont, dass klassische Antidepressiva vermutlich auch über das Endocannabinoid-System wirken – als "alternativen Signalweg" neben den bekannten Mechanismen. Verschiedene Antidepressiva beeinflussen nachweislich sowohl die Neuropeptid-Spiegel als auch die Endocannabinoid-Konzentration.
Die Autoren fordern:
- Mehr Forschung zum Zusammenspiel von CBD und Neuropeptiden
- Besseres Verständnis der neurochemischen Grundlagen
- Neue therapeutische Strategien, die beide Systeme berücksichtigen
Fazit: CBD als Teil eines komplexen Netzwerks
Diese umfassende Review-Studie zeigt: CBD wirkt nicht einfach "irgendwie beruhigend", sondern greift gezielt in ein hochkomplexes Netzwerk aus Endocannabinoiden, Neuropeptiden und klassischen Neurotransmittern ein.
Die niedrigeren Endocannabinoid-Spiegel bei Depression sind kein Zufall, sondern Teil eines Teufelskreises aus Stress, Hormonentgleisung und gestörter Hirnchemie. CBD könnte helfen, diesen Kreislauf zu durchbrechen – indem es die Serotonin- und Noradrenalin-Spiegel erhöht, Nervenzellen schützt und die Stressachse dämpft.
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Wichtig: Die meisten beschriebenen Effekte stammen aus präklinischen Studien (Tierversuche). Die Autoren weisen darauf hin, dass klinische Studien am Menschen teilweise widersprüchliche Ergebnisse zeigen. Es braucht also noch mehr hochwertige Forschung, um die therapeutische Wirksamkeit von CBD bei Depression und Angst eindeutig zu belegen.
Dennoch: Diese Studie liefert die bisher detaillierteste Erklärung, warum CBD gegen Angst und Depression helfen könnte – und ebnet damit den Weg für gezieltere, wissenschaftlich fundierte Therapieansätze.
Quelle: Gołyszny, M., Dragon, J., & Obuchowicz, E. (2025). Role of interplay between endocannabinoids and neuropeptides in pathogenesis and therapy of depressive and anxiety disorders. Neuropeptides. https://doi.org/10.1016/j.npep.2025.102564
