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Im Labor geprüft: Wie sich CBD und CBG auf Hautzellen auswirken
Inhaltsverzeichnis
Was genau passiert, wenn Cannabinoide wie CBD oder CBG auf unsere Haut treffen? Diese Frage beschäftigt nicht nur Kosmetikhersteller und Dermatologen, sondern zunehmend auch Verbraucher, die nach hautfreundlichen, pflanzenbasierten Alternativen suchen. Die Versuchung ist groß, in Cannabidiol das nächste Wundermolekül der Hautpflege zu sehen. Doch was sagt die Wissenschaft?
Eine neue Studie aus Portugal liefert nun handfeste Antworten. Unter dem Titel „Exploring Cannabidiol (CBD) and Cannabigerol (CBG) Safety Profile and Skincare Potential“, veröffentlicht im International Journal of Molecular Sciences haben Forschende der Universidade Católica Portuguesa gemeinsam mit dem Hospital Lusíadas den dermatologischen Effekt beider Stoffe systematisch untersucht. Im Fokus: die Sicherheit und das tatsächliche Potenzial von CBD und CBG als Wirkstoffe in kosmetischen Produkten.
Der Zeitpunkt für diese Arbeit ist kein Zufall. Der Markt für CBD-Kosmetik boomt, doch viele Anbieter stützen sich auf Behauptungen, die kaum belegt sind. Die Studie bringt etwas Ordnung ins Molekülchaos.
Worum geht es in der Studie?
Bevor Cannabinoide wie CBD oder CBG in Haucremes landen, müssen sie eine Hürde nehmen, die höher liegt als jede Werbebotschaft: den Nachweis der Unbedenklichkeit. Genau das war das zentrale Anliegen der Studie aus Porto. Und sie liefert – nüchtern, datenbasiert, aber mit Klarheit.
Insgesamt 58 Probandinnen und Probanden nahmen an umfangreichen dermatologischen Tests teil. Die Probanden erhielten jeweils drei verschiedene Proben auf den Rücken aufgetragen: eine mit CBD, eine mit CBG und eine Placebo-Creme. Das Ganze erfolgte in einem randomisierten, placebokontrollierten Cross-over-Design, was die Aussagekraft erhöht.
Aufgetragen wurden die Substanzen auf dem Rücken, mehrfach, über Wochen hinweg, mit anschließender UV-Bestrahlung und Auswertung durch Hautärzte. Das Ergebnis: keine Anzeichen von Irritation, Sensibilisierung oder phototoxischer Reaktion.
„None of the research participants experienced any significant cutaneous reactions.”
Auch im Labor gab es keine Auffälligkeiten. In vitro zeigten weder CBD noch CBG zytotoxische Effekte, das heißt, sie beeinträchtigten die Stoffwechselaktivität der Hautzellen nicht signifikant. Das gilt sowohl für HaCaT-Zellen, die den oberen Hautschichten entstammen, als auch für HDFa-Zellen, die aus der Dermis stammen.
Noch präziser wurde es beim Micronucleus-Test, einem Verfahren zur Feststellung potenzieller DNA-Schäden. Das Ergebnis: keine signifikante Zunahme von Mikrokernen in menschlichen Zellen, keine Hinweise auf genotoxisches Potenzial.
„CBD and CBG did not cause damage to the chromosomes or DNA in the tested cells.”
Auch der klassische AMES-Test, durchgeführt mit drei verschiedenen Bakterienstämmen und unter metabolischer Aktivierung, blieb ohne Befund.
In Sachen Hautpenetration überraschten die Ergebnisse. Beide Cannabinoide, gelöst in einer Trägerlösung aus Sonnenblumenöl und Squalan, drangen zu rund 70 % durch die Haut. Die restlichen Anteile blieben entweder auf der Haut zurück oder wurden nicht absorbiert.
„Both CBD and CBG had an absorbed dose of approximately 70%. […] Less than 5% did not permeate the epidermis.”
CBG schnitt dabei durchgängig unauffällig ab – und das, obwohl es in dieser Form, nämlich biofermentativ hergestellt, bislang kaum untersucht war. Für Hersteller, die sich an geltende Sicherheitsstandards halten, ist das mehr als eine Randnotiz.
„It was essential to establish the safety profile of CBG, as it was produced via bio-fermentation and its safety had yet to be assessed.”
Das heißt übersetzt: Man konnte sich nicht darauf verlassen, dass biotechnologisch hergestelltes CBG sich im Körper oder auf der Haut genauso verhält wie klassisch extrahierte Varianten. Genau diese Unklarheit sollte die Studie beseitigen – mit einem Fokus auf Sicherheit, nicht auf Wirksamkeit. Und eben das macht ihre Ergebnisse besonders interessant.
Das leisten CBD und CBG als Antioxidantien?
Antioxidantien sind in der Kosmetik ein vielbeschworener Standard. Kaum ein Produktsegment kommt ohne das Versprechen aus, freie Radikale zu neutralisieren und Zellstress zu minimieren. Auch Cannabinoiden wird diese Eigenschaft mitunter zugeschrieben. Die vorliegende Studie prüft das – und kommt zu einem nüchternen Befund.
Im direkten Vergleich mit etablierten Antioxidantien wie BHT (Butylhydroxytoluol) und Trolox schnitten sowohl CBD als auch CBG deutlich schwächer ab. Bei der β-Carotin/Linolsäure-Methode erreichten beide Stoffe bei 500 µg/mL ein antioxidatives Maximum von unter 50 %. Zum Vergleich: Der Positiv-Kontrollstoff BHT kam auf rund 80 %.
„The maximum antioxidant capacity achieved did not surpass 50%, […] BHT attained an 80% antioxidant capacity.”
Auch der DPPH-Test, ein gängiger Standard in der Pflanzenwirkstoffforschung, bestätigte das Bild. Die Fähigkeit, freie Radikale abzufangen, lag deutlich unter der des Kontrollstoffs Trolox. Die ermittelten IC50-Werte (die Konzentration, bei der 50 % der Radikale abgefangen werden) lagen für die Cannabinoide deutlich höher – ein Hinweis auf eine geringere Reaktionsstärke.
„Cannabinoid IC50 values [were] significantly lower than the positive control (Trolox), demonstrating a lower protective effect/antioxidant capacity.”
Was lässt sich daraus ableiten? Jedenfalls keine voreiligen Aussagen über eine antioxidative „Wirkung“. Die Daten zeigen klar: Im direkten Vergleich mit Referenzstoffen sind die antioxidativen Eigenschaften von CBD und CBG in den getesteten Verfahren moderat bis gering ausgeprägt.
Das ist kein Urteil über ihre Relevanz in der Hautpflege, aber ein klares Ergebnis aus der Labormessung. Die Forscher selbst fassen es so zusammen:
„CBD and CBG exhibit modest antioxidant activity only, which was significantly inferior to the positive controls tested.”
Heißt im Klartext: Beide Cannabinoide konnten freie Radikale nur in begrenztem Maße neutralisieren. Ihre antioxidative Leistung lag deutlich unter der von Vergleichssubstanzen wie Trolox (ein Vitamin-E-Derivat) oder BHT (Butylhydroxytoluol), die als positive Kontrollen eingesetzt wurden. So erreichte CBD im besten Fall eine Antioxidantien-Leistung von knapp unter 50 %, während die Vergleichssubstanz BHT bis zu 80 % erreichte.
Was leisten CBD und CBG bei Feinstaubbelastung?
Luftverschmutzung ist ein unterschätzter Stressfaktor für die Haut. Feinstaubpartikel dringen in die oberen Zellschichten ein und setzen dort Prozesse in Gang, die Entzündungen begünstigen können. Die portugiesische Studie hat untersucht, ob CBD und CBG diesen Prozess beeinflussen – allerdings nicht durch Mutmaßung, sondern durch Messung.
Zunächst testeten die Forschenden, ob die Cannabinoide in der Lage sind, die Entstehung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) zu verhindern – also Zellstress durch oxidativen Angriff zu minimieren. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus:
„Cannabinoids were unable to significantly prevent the generation of ROS in the presence of UPM.”
UPM steht für „urban particulate matter“, also jene Mischung aus Feinstaub und Emissionen, wie sie in Großstädten allgegenwärtig ist. Weder CBD noch CBG zeigten unter diesen Bedingungen eine statistisch signifikante Reduktion der ROS-Werte. Die Konzentrationen blieben nahezu unverändert – ein klarer Befund.
Anders sah es bei den entzündungsassoziierten Zytokinen aus. Hier wurde überprüft, ob die getesteten Substanzen die Ausschüttung von Interleukin-6 (IL-6) und Interleukin-1α (IL-1α) beeinflussen – zwei Botenstoffen, die bei Hautreizungen eine Rolle spielen. Und hier traten Unterschiede zutage:
„CBD was able to significantly reduce IL-6 and IL-1α levels. Interestingly, CBG was unable to reduce IL-6 levels, yet it significantly reduced IL-1α amounts.”
Konkret bedeutete das: CBD zeigte bei beiden Zytokinen eine statistisch signifikante Reduktion, CBG lediglich bei IL-1α. Der Unterschied zur unbehandelten Vergleichsgruppe war messbar, allerdings nicht vergleichbar mit pharmakologisch eingesetzten Kontrollsubstanzen wie Betamethason – dem verwendeten Positiv-Kontrollstoff der Studie.
Was bleibt: keine Veränderung bei ROS, aber Hinweise auf eine Dämpfung bestimmter Entzündungsmarker. Der Ausdruck „anti-inflammatory effect“, wie ihn die Autoren im Original verwenden, bezieht sich ausschließlich auf diesen engen biochemischen Kontext, nicht auf ein klinisches Gesamtbild.
Können CBD und CBG die natürliche Alterung der Haut beeinflussen?
Wenn von „Anti-Aging“ in Hautpflegeprodukten die Rede ist, geht es oft um die Hemmung bestimmter Enzyme – etwa Kollagenase (MMP-1), Elastase oder Tyrosinase. Diese Enzyme sind beteiligt am Abbau von Bindegewebe oder an der Bildung von Pigmenten. Im Labor lassen sich deren Aktivitäten gut messen, und genau das haben die Forschenden im Rahmen der Studie getan.
Die Ergebnisse zeigen: CBD und CBG hemmen diese Enzyme in bestimmten Konzentrationen – allerdings nur im sogenannten „in chemico“-Modell, also in einem Reagenzglas-Test ohne Zellen oder Gewebe. Das klingt begrenzt – und ist es auch. Dennoch liefern die Resultate erste Hinweise.
CBD zeigte dabei eine deutliche Hemmung der Kollagenase-Aktivität:
„CBD was able to inhibit MMP-1’s activity by more than 60%, while not affecting the activity of elastase (37%) and tyrosinase (38%).”
Bei CBG fiel das Bild noch etwas umfassender aus. Hier konnte eine Hemmung aller drei getesteten Enzyme festgestellt werden, wobei die Tyrosinase-Inhibition mit 87 % besonders deutlich ausfiel:
„CBG […] was able to significantly inhibit MMP1 (59%), tyrosinase (87%) and elastase (57%).”
Was bedeutet das? MMP-1 – Matrix-Metalloproteinase 1 – ist ein Enzym, das maßgeblich am Abbau von Kollagen beteiligt ist. Wird es gehemmt, bleibt Kollagen theoretisch länger stabil. CBG reduzierte hier die Enzymaktivität um 59 %. Noch deutlicher fiel die Hemmung bei der Tyrosinase aus: 87 % weniger Aktivität nach Zugabe von CBG. Tyrosinase katalysiert die Bildung von Melanin, dem Farbstoff in der Haut. Und auch Elastase, ein Enzym, das elastische Hautfasern angreift, wurde um 57 % gehemmt.
Das klingt beeindruckend – doch bevor jetzt jemand voreilige Schlüsse zieht: Das alles fand in-vitro statt. In einem Reagenzglas, nicht auf echter Haut. Die Zahlen zeigen, was in einem isolierten System unter Laborbedingungen messbar war. Nicht mehr, nicht weniger. Die Autoren selbst ziehen keine weiteren Schlüsse über eine etwaige Übertragbarkeit auf kosmetische Produkte oder die Haut des Menschen.
„This is the first report of the potential inhibitory activity of CBG regarding MMP-1 and elastase.”
Mit anderen Worten: Ob daraus eines Tages ein kosmetischer Nutzen abgeleitet werden kann, bleibt offen. Die gezeigte Enzymhemmung allein reicht dafür nicht aus. Aber sie liefert einen Anhaltspunkt, wohin die Forschung blicken könnte.
Hautdurchlässigkeit: Wie gut dringt CBD und CBG tatsächlich ein?
Schön und gut, was im Reagenzglas passiert – doch was kommt davon überhaupt in der Haut an? Genau dieser Frage widmete sich das Team um Luz-Veiga mit einer klassischen in vitro Skin Permeation Study. Verwendet wurden humane Hautexplantate und sogenannte Franz-Zellen, ein Standardverfahren in der dermalen Forschung. Untersucht wurde, wie viel des aufgetragenen CBD und CBG nach 24 Stunden tatsächlich durch die Epidermis dringt.
Die Ergebnisse: Beide Cannabinoide zeigen eine hohe Permeation. Im Mittel wurden etwa 70 % der applizierten Substanz aufgenommen. Genauer gesagt lag die durchschnittlich absorbierte Dosis bei 510 bis 520 µg/cm² – trotz einer vergleichsweise niedrigen Konzentration von 0,5 % (w/v) in der Trägerlösung.
“Both CBD and CBG had an absorbed dose of approximately 70%, resulting in an average absorbed dose between 510 and 520 µg/cm².”
Im Vergleich zu früheren Studien sind das bemerkenswerte Werte. Dort wurden für CBD bei 1 % Konzentration nur 23 µg/cm², bei 10 % immerhin 242 µg/cm² erreicht. Die Autoren führen die hohe Penetration unter anderem auf die eingesetzten Trägerstoffe zurück – Sonnenblumenöl und Squalan –, die als sogenannte Permeationsverstärker gelten.
“It is probable that the combined use of sunflower oil and squalane contributed to increased skin permeation, as both have been described as excellent permeation enhancers.”
Wichtig: Die hohe Hautaufnahme bedeutet nicht automatisch eine bessere kosmetische Wirkung – sie sagt lediglich aus, dass die Substanz bioverfügbar ist, also die Hautbarriere überwinden kann. Ob und wie sie dort eine gewünschte Aktivität entfaltet, ist eine andere Frage – eine, die mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse eher differenziert zu beantworten wäre. Aber die Grundlage dafür, dass CBD und CBG überhaupt an Ort und Stelle ankommen, ist mit diesen Daten gegeben.
Fazit: Was taugt CBD und CBG in der Hautpflege?
Zugegeben, die Erwartungen an CBD und CBG sind nicht eben niedrig. Im kosmetischen Bereich wird schnell viel versprochen. Die vorliegende Studie liefert dazu einen wohltuend nüchternen Beitrag: Sie überprüft, was diese Cannabinoide tatsächlich können. Und was nicht.
Klar ist: Sicherheitsbedenken räumen die Daten aus dem Weg. Weder zeigten sich Hinweise auf Mutagenität noch auf Hautreizungen, Photosensibilisierung oder zelluläre Toxizität. Auch CBG, bislang weniger erforscht und hier fermentativ hergestellt, zeigte sich in allen relevanten Tests als hautverträglich.
“Our results show that CBD and CBG do not exhibit cytotoxicity, mutagenicity, or skin sensitization. Moreover, we verified an absence of primary irritability, accumulated irritability, phototoxicity and photosensitization.”
In Bezug auf antioxidative Effekte und den Einfluss auf typische Hautalterungsmarker blieben die Ergebnisse jedoch unter dem Radar vieler Erwartungen. Die getesteten Konzentrationen zeigten in vitro keine signifikanten Veränderungen bei der Kollagen- oder Hyaluronproduktion, weder auf genetischer Ebene noch beim Proteinnachweis.
Immerhin: In Kombination mit urbanem Feinstaub – einem Modell für umweltbedingten Hautstress – reduzierte CBD die Konzentration der proinflammatorischen Zytokine IL-6 und IL-1α, während CBG zumindest IL-1α senken konnte.
“CBD was able to significantly reduce IL-6 and IL-1α levels. Interestingly, CBG was unable to reduce IL-6 levels, yet it significantly reduced IL-1α amounts.”
Im Klartext: CBD konnte zwei zentrale proinflammatorische Botenstoffe – Interleukin-6 (IL-6) und Interleukin-1α (IL-1α) – signifikant senken. Diese Stoffe gelten als Marker für entzündliche Hautreaktionen. CBG hingegen zeigte nur bei einem der beiden Marker – IL-1α – eine Reduktion, bei IL-6 blieb die Konzentration unverändert.
Was bedeutet das? Beide Cannabinoide zeigten im Reagenzglasmodell ein messbares entzündungsbezogenes Potenzial, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Allerdings ist eine direkte Übertragung auf echte Hautzustände damit nicht möglich. Die Effekte traten unter ganz bestimmten Laborbedingungen auf – etwa bei 10 Mikromol pro Liter Konzentration – und sagen nichts aus über eine normale Anwendung auf der Haut aus.